Xerox, der vergessene Neufundländer
Mein Name ist Xerox, ich weiß, ein nicht einfacher Name, aber meine Züchterin hat ihn mir gegeben. Mittlerweile bin ich schon 12 Jahre und 2 Monat alt. In den ersten beiden Jahren meines Lebens lebte ich bei meiner Züchterin und wurde viel auf Ausstellungen gebracht und war dort sehr erfolgreich. Aber dann wurde meine Hüfte geröntgt und festgestellt, dass ich für die Zucht nicht geeignet bin.
Nun wurde entschieden, wir verkaufen Xerox. Denn ein Hund der nicht zuchttauglich ist, verliert in so manchen Kreisen sofort den Wert. Die kommenden Jahre meines Lebens habe ich in einem Haus im Norden von Deutschland verbracht. Hundefutter und Tierarztbesuche – Fehlanzeige! Aber dann wurde ich plötzlich aus meinem gewohnten Umfeld gerissen, weil sich mein Frauchen und mein Herrchen trennten. Mein Frauchen musste sich eine neue Wohnung nehmen, wo aber für mich kein Platz mehr war. Mein kleiner Freund, ein kleiner Mischling durfte allerdings mit in die neue Wohnung einziehen!?
Ich wurde dann auf eine lange Reise mitgenommen und ins Rheinland gebracht. Hier kam ich zu einer Familie, die schon zwei Neufis hatten und schnell meine Freunde wurden. Hier war was los. Aramis und Barry haben mich ganz liebevoll aufgenommen. In mein neues Pflegefrauchen Rita, habe ich mich gleich verliebt. Xerox neues Zuhause
Einige Tage nach meinem Einzug kam noch ein anderer Neufi in die Familie. Es war Carlo ein Riesen Neufi, aber auch ganz lieb. Sogar ein Neufi Baby war für 10 Tage hier.Wie ihr seht ist hier wirklich immer was los. Aber mein bester Freund, das war Aramis, er ist fast 13 Jahre alt geworden. Leider ist er über die Regenbogenbrücke gegangen, seine Kräfte nahmen zusehend ab. Ich weiß, dass wir uns irgendwann wieder sehen und dann wird alles so wie vorher. Wir beide lagen immer zusammen und erzählten uns was. Er war mein großes Vorbild, nur er wusste wie man ein Rudel führt, mit Liebe und Respekt.
Mein neues Pflegefrauchen war richtig traurig, dass meine alte Besitzerin mich ohne nur eine Gefühlsregung, bei ihr abgab und wieder abfuhr. Ich hatte weder eine Halsband noch eine Leine, aber dafür hatte man mir noch drei Scheiben altes hartes Brot mitgegeben, da ich ja angeblich von normalem Futter immer Durchfall bekommen würde. Rita war geschockt, als sie mich dann erst mal richtig in Augenschein nahm. Sie sagte ich wäre in einem erbärmlichen Zustand. Wir sind dann auch direkt zum Tierarzt gefahren, wo ich dann komplett durchgecheckt wurde. Mein Blut wurde untersucht, meine gesamte Wirbelsäule wurde geröntgt und auch mein Herz wurde geschallt. Das wurde noch nie bei mir gemacht. Das letzte Mal habe ich mit zwei Jahren einen Tierarzt besucht. Die Tierärztin war über meinen körperlichen Zustand entsetzt. Sie hatte dafür keine Worte, und die Frage kam auf: Warum man mich in diesem Alter und so krank noch in andere Hände gibt? Rita hat ihr dann gesagt, dass es sehr oft solche schlimmen Fälle bei Neufundländer in Not e.V. gibt und der Verein sich dann kümmert.
Aber nun zurück zu mir, Xerox oder Knöpfchen wie meine Rita mich wegen meiner schönen Augen jetzt liebevoll nennt. Bei der Untersuchung wurde festgestellt dass ich in einem sehr schlechten Ernährungszustand war sowie einen Bandscheibenvorfall hatte, die Folge sind Spastiken mit Lähmungen an meinen hinteren Beinen. Aufgrund dessen hatte ich auch kaum noch Muskulatur. Deshalb kann ich so schlecht gehen und kippe manchmal auch einfach um. Mein Herz und auch die anderen Organe seien durch die jahrelange mangelhafte schlechte Ernährung schwer in Mitleidenschaft gezogen. Mein Herz ist riesengroß und ich habe eine rechtsseitige Herzinsuffizienz mit einer extremen Reizleitungsstörung. In meinem Unterkiefer wütet ein grässlicher Tumor, was mir das fressen sehr erschwert. Dafür soll ein Gen Defekt verantwortlich sein, laut Züchterin. Na ja, - und bellen kann ich auch nicht mehr, man hat keine Erklärung dafür, ob ich einmal eine schwere nicht behandelte Erkrankung am Kehlkopf hatte, oder einen Unfall. Aber trotzdem kann ich mich gut bemerkbar machen.
Auf jeden Fall bin ich nun in dieser neuen Familie. Es hatten sich zwar einige Menschen gemeldet, die mich haben wollten, aber dass kam für Rita noch nicht in Frage. Eine Dame wollte sogar dass ich bei ihr in den 5. Stock einziehe. Aber da hättet ihr mal meine Rita sehen und hören müssen. Nach einigen solcher Anfragen, lehnte Rita dankend ab. Dann die größte Überraschung meines Lebens. Rita hat entschieden, dass ich bei ihr bleiben darf, sie meinte das wäre doch ein Verrat mich noch mal in meinem hohen Alter zu vermitteln, wo ich mich doch so gut bei ihnen eingelebt hätte und ganz offensichtlich auch wohl fühle. Ich habe schon lange Zeit vorher gemerkt, dass ich es geschafft habe, mich ganz leise in ihr Herz zu schleichen. Ich benötige so viel Pflege und Hilfe beim essen und laufen, aber Rita macht für mich alles möglich.
Ich bekomme dreimal am Tag leckeres Futter, mit Fleisch, Gemüse und noch ganz vielen Zutaten, die extra für mich gekocht werden, sowie täglich meine nötigen Tabletten. Rita macht mit mir vom ersten Tag an alles möglich um meine Muskulatur wieder zu stärken. Deshalb geht sie mit mir mehrmals am Tag spazieren, aber immer nur kleine Runden. Wir sind immer Richtung Rhein unterwegs, anfangs konnte ich den Rhein nur riechen und hören, aber ich konnte ihn nicht sehen. Dafür musste ich auf den Deich. Aber der war soooo hoch, zu hoch für mich. Ich habe immer nur da gestanden und dort hoch geschaut. Aber irgendwann, nach einigen Wochen, habe ich mich so angestrengt das ich ganz alleine dort hoch gekommen bin.
Jetzt konnte ich endlich den Rhein sehen mit den vielen Schiffen drauf, die ich doch bis jetzt immer nur gehört habe. Ach war das schööön ! Oben auf dem Deich stand dann auch mein neues Herrchen Rolf mit Barry und Carlo. Rolf liefen die Tränen die Wangen runter aus lauter Freude über meinen großen Erfolg. Nun war auch die Rampe aus Edelstahl kein Hindernis mehr für mich. Ihr müsst wissen, meine Pflegeeltern haben an der Tür zum Hof und Garten eine solche Rampe und die war in den ersten Tagen für mich ohne Unterstützung ein unüberwindbares Hindernis. Aber dann am Tag 13. da war es geschehen, ich bin ohne Hilfe die Rampe hoch gekommen. Okay, man hört mein Gestampfe zwar durchs ganze Haus, aber das ist eben so, so weiß Rita immer wo ich gerade bin. Durch meine Spastiken an meinen Hinterbeinen hört es sich immer an, als wenn ich mit Holzbeinen unterwegs wäre.
Meine Spaziergänge wurden nun immer länger, sogar im Rhein habe ich gestanden und habe mir meine Beine gekühlt. Das hat so gut getan. Auch einen schönen Kurzurlaub habe ich mit meiner neuen Pflegefamilie schon gemacht. Aber das schönste für mich ist es, abends mit meiner lieben Rita in meiner Kudde (Hundebett) zu liegen und zu schmusen. Sie legt sich einfach da rein und ich krabbele zu ihr und dann wird geschmust was das Zeug hält.
Eigentlich macht mein Frauchen meine Fellpflege immer selber, aber jetzt ist etwas passiert. Sie hat sich die Schulter gebrochen und deshalb sind wir nach Köln zu „Schico Bello", einem Hundefrisör gefahren. Ich kann euch sagen, mit über 12 Jahren einen Top Wellness Tag zu erleben, das hat schon etwas. Mir hat es auf jeden Fall gefallen, von zwei netten jungen Damen so verwöhnt zu werden und das komplette Wellness Programm zu bekommen.
Ihr seht, auch mit über zwölf Jahren kann das Leben noch so richtig schön sein. Und Dank Rita und NEUFUNDLÄNDER IN NOT e.V. gehöre Ich auf keinen Fall mehr zu den vergessenen Neufis.
Euer Xerox
Pflegestelle von Neufundländer in Not
Im Bärengarten